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Goodbye Rhododendron?!

Rhododendron verwandelt während seiner Blütezeit von Mai bis Juli Gärten und Parkanlagen in ein Farbenmeer. Doch diese Pflanzengruppe kann mehr, als nur hübsch zu blühen. Im Interview erklärt Dr. Hartwig Schepker, Leiter des Rhododendron-Parks Bremen, welche Potenziale diese Gattung noch birgt und warum wir auch langfristig nicht auf Rhododendron verzichten müssen.

Eine häufig gestellte Frage vorweg: Was ist der Unterschied zwischen Rhododendren und Azaleen?
Vereinfacht gesagt: Unter Rhododendron versteht man einen groß- oder kleinblättrigen Strauch, der immergrün ist, also ganzjährig sein Laub trägt. Azaleen hingegen werfen ihr Laub größtenteils im Herbst ab. Die eigenständige Gattung Azalea gibt es bereits seit 100 Jahren nicht mehr. Aber die beiden Begriffe haben sich bei Pflanzenfreunden und Gärtnern eingebürgert und werden weiterhin weitläufig verwendet.

Welche klassischen Vorurteile oder Fehlannahmen über Rhododendron begegnen Ihnen immer wieder?
Leider hält sich seit Jahrzehnten das Gerücht, dass Rhododendren Schatten lieben. Das stimmt nicht! Sie vertragen durchaus direktes Sonnenlicht, wenn der Boden ausreichend feucht ist. Standorte, die morgens und/oder abends Sonne und dazwischen Schatten haben, eignen sich am besten.
Außerdem werden sie unglücklicherweise immer wieder als Moorbeetpflanzen bezeichnet, was impliziert, dass sie in natura in Torf wachsen. Das ist falsch. Was Rhododendren brauchen, ist ein saurer, humoser und vor allem gut drainierter Boden, den man im Garten durchaus auch ohne Torf erstellen kann.

Wir alle kennen diese traumhaften Bilder eines farbenprächtigen Blütenmeers aus Rhododendron. Sie behaupten, die Pflanze könne noch mehr. Was wäre das denn?
Da wäre beispielsweise die große Vielzahl an unterschiedlichen Blattformen und -texturen. Neben den einfachen grünen Blättern gibt es mittlerweile einige Neuzüchtungen, die mit einer reizvollen Schicht aus weißen, beigen, zimtfarbenen oder braunen Haaren ausgestattet sind. Dieses Haarkleid, Indument genannt, schützt die Pflanzen vor starker Sonneneinstrahlung. Eine Kombination aus groß- und kleinblättrigen Rhododendren mit unterschiedlichen Blatttexturen erzeugt spannende Gartenbilder, die in ihrer Attraktivität gesteigert werden, wenn die Herbstfärbung eingeplant wird. Außerdem gibt es Sorten wie ‚Juniduft‘, die wundervoll duften.

Die Sommer werden immer heißer. Es heißt, Rhododendron benötige viel Wasser. Kann man ihn noch guten Gewissens in deutschen Gärten pflanzen?
Ja, kann man. Dass man in extremen Hitzeperioden wie 2018 und 2019 auch mal gießen muss, sollte für jeden Gartenbesitzenden selbstverständlich sein. Sind die Pflanzen gut eingewachsen, können sie auch längere Trockenphasen überstehen. Im Rhododendron-Park Bremen versuchen wir zudem herauszufinden, welche Sorten besonders trockenheitstolerant sind. So kommen die meisten sommergrünen Azaleen besser mit Trockenheit zurecht.

Bleiben wir beim Thema Nachhaltigkeit: Es gibt Naturschutzverbände, die dazu auffordern, alle Rhododendren zu roden. Worauf begründet sich diese Forderung und welchen Standpunkt haben Sie dazu?
Im Kern verfolgen Naturschutzverbände das aus meiner Sicht durchaus richtige Ziel, für mehr Pflanzenvielfalt in deutschen Gärten durch den verstärkten Einsatz heimischer Pflanzen zu werben. Doch dabei zeichnen sie ein Schwarz-Weiß-Bild, das einzelne nicht heimische Pflanzen per se als unerwünscht und wertlos erklärt. An einem Rhododendron tummeln sich vielleicht in der Gesamtmenge weniger Insekten und Tiere als an einer alten deutschen Eiche, aber der Vergleich zwischen Strauch und Baum ist schon in seinem methodischen Ansatz falsch. Und wertlos für die heimische Tierwelt ist ein Rhododendron sicherlich nicht. In den letzten beiden Jahren konnten wir durch wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass diverse Wildbienen inklusive Hummeln, Pollen und Nektar der Rhododendron-Blüten zahlreich nutzen. Wichtig ist aber grundsätzlich, dass unsere Gärten unabhängig von ihrer Herkunft eine hohe Vielfalt an Pflanzen aufweisen sollten, um Insekten und anderen Tieren einen Lebensraum zu bieten.

Zum Schluss noch einen Tipp: Welche Rhododendron-Anlagen sind einen Besuch wert?
Natürlich freuen wir uns sehr über Besucherinnen und Besucher in unserem Park in Bremen. Unter den vielen Rhododendron-Anlagen in Deutschland ist der Schlosspark in Lütetsburg ein Geheimtipp, und immer eine Reise wert ist der einmalige Bodnant Garden in Wales.

Weitere Informationen:
www.rhododendronparkbremen.de
www.rhodo.org

 

Rhododendronblüte
Portrait Dr. Schepker

Dr. Hartwig Schepker, Gartenbau-Ingenieur und promovierter Pflanzenökologe, ist seit 2006 Leiter des Botanischen Gartens und Rhododendron-Parks Bremen. Der Park umfasst 46 Hektar und die zweitgrößte Rhododendron-Sammlung der Welt. Auf zahlreichen Reisen in die Heimatgebiete des Rhododendrons in Nordamerika, Europa und vor allem in Asien erforscht er, wie sich diese Pflanzengruppe kultivieren und in Gärten verwenden lässt. (Fotocredit: Stiftung Rhododendronpark-Bremen)